HOX Life Science

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Enfant terrible und Erfinder der PCR

von Dr. Morna Gruber

Die PCR ist eine der biotechnologischen Methoden, die wahrscheinlich jede*r Student*in der biologischen und biochemischen Fächer kennengelernt hat. Durch die Corona Pandemie ist die Methode nun auch in der breiten Bevölkerung bekannt und hilft uns dabei, virales Erbgut in einer Probe zu amplifizieren und sicher zu detektieren. Doch wann und von wem wurde diese bahnbrechende Methode entwickelt?

Abbildung Kary Banks Mullis

Der US-amerikanische Biochemiker Kary Banks Mullis hat diese Methode maßgebend mit seinem Kollegen Michael Smith entwickelt und beide wurden dafür mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Die Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion bezeichnete er selbst als Ergebnis von Zufall, Naivität und als glücklichen Irrtum.

Abbildung Polymerase

Die Eleganz des Protokolls der PCR liegt darin, dass man zu Beginn alle Komponenten ansetzt und die verschiedenen Schritte rein durch die Variation der Temperatur gesteuert werden:

  • Denaturierung: Auftrennung der Doppelstrang-DNA mittels Hitze bei 94-96°C

  • Primerhybridisierung (Annealing): die Primer lagern sich im gewünschten DNA-Abschnitt an und dienen als Ansatzpunkt für die Polymerase in der Regel bei ca. 55-65°C

  • Polymerisation oder Amplifikation/Elongation: Der bereits an das Template gebundene Primer bildet den Startpunkt für die Verlängerung des zu synthetisierenden DNA-Stranges durch Einbau der freien Nukleotide meist bei um die 70°C

  • Diese Schritte werden dann wiederholt (oft ca. 30 Zyklen). Als Ergebnis liegen zahlreiche Kopien der Ziel-DNA vor, die dann für weitere Experimente genutzt werden können.

Die klassische PCR wurde mittlerweile um zahlreiche Variationen erweitert, wodurch verschiedene Fragestellungen gezielter untersucht werden können. So wird z.B. die Real-Time PCR (qPCR) angewendet, um die Konzentration des Erbgutes in einer Probe zu bestimmen. Nicht zu vergessen ist auch ihre Anwendung bei der Klonierung von Genen im Rahmen der biotechnologischen Produktion von Arzneimitteln.

Erwartet man bei einer solch wichtigen Methode einen Vorzeigewissenschaftler wird man beim Nobelpreisträger von 1993 enttäuscht. Mullis hatte eine exzentrische Persönlichkeit, vertrat im Laufe der Zeit einige wissenschaftlich fragwürdige Ansichten und wurde dadurch zu einer umstrittenen Figur in der Wissenschaft. Viele kuriose Geschichten ranken sich um den Wissenschaftler, dem die Idee für die PCR auf einer nächtlichen Autofahrt gekommen sein soll. Mullis soll leidenschaftlicher Surfer und LSD-Konsument mit einer Faszination für Außerirdische und UFOs gewesen sein. Darüber hinaus gilt er als Anhänger verschiedener Verschwörungstheorien: So bestritt er sowohl die Existenz eines Ozonlochs als auch den Zusammenhang von HIV und AIDS. So vereint Mullis Licht- und Schattenseiten: Einerseits Nobelpreisträger und Entdecker einer bahnbrechenden biochemischen Methode, die auch heute noch wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Landschaft ist, andererseits aber repräsentiert er auch die Abkehr von der Wissenschaft durch Hinwendung zu Aberglauben und Verschwörungstheorien.