Merck- Wie ein kleiner Apothekerladen aus dem 17. Jahrhundert zu einem pharmazeutisch-chemischen Weltkonzern wurde
Friedrich Jacob Merck – geboren 1621 als Sohn eines angesehenen Schweinfurter Gastwirts – absolvierte seine Ausbildung zum Apotheker in der Ratsapotheke in Schweinfurt.
Angespornt von seinem Drang nach beruflicher Weiterentwicklung verließ er im Alter von 20 Jahren die Stadt. Nach ein paar Stationen in verschiedenen Städten führte ihn sein Weg schließlich nach Darmstadt. Dort erwarb er 1668 die Zweite Stadtapotheke, die später als Engel-Apotheke bekannt wurde.

Diese Apotheke sollte den Grundstein für die Unternehmensgruppe Merck legen. Trotz immer wieder auftretender Herausforderungen, wie etwa durch die Pest, mehrere Kriege und politische Umwälzungen, überlebte das Unternehmen dank der Beharrlichkeit der Merck-Familie sehr erfolgreich und gilt heute als ältestes pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt.
Rund eineinhalb Jahrhunderte nach Gründung übernahm im Jahr 1816 Heinrich Emanuel Merck die Engel-Apotheke und entwickelte diese durch seine Innovationskraft bis zu seinem Tod im Jahr 1855 zu einem international agierenden Pharmaunternehmen. Wie kam es dazu?

Heinrich Emanuel Merck, geboren 1794 in Darmstadt, verdankte seine umfangreiche Schulbildung dem Wohlstand seiner Familie, der durch den Betrieb der Apotheke, dem Durchführen von Kreditgeschäften und strategischen Eheschließungen gesichert war und stetig weiter ausgebaut wurde. Nachdem er seine Apothekerlehre im Familienbetrieb begonnen hatte, setzte er seine Ausbildung am Privatinstitut des schon damals berühmten Apothekers Johann Bartholomäus Trommsdorff fort und studierte darüber hinaus Chemie, Technologie, Botanik und Mineralogie an verschiedenen Universitäten. 1816 kehrte er zurück nach Darmstadt und übernahm die Leitung der Engel-Apotheke.
Bereits während seines Studiums widmete Emanuel Merck seine Aufmerksamkeit der Chemie pflanzlicher Naturstoffe - insbesondere den Alkaloiden, einer Klasse hochwirksamer Pflanzeninhaltsstoffe. In seinem Labor trieb er diese Thematik mit Nachdruck voran und so gelang ihm die erfolgreiche Isolierung und Reinigung einer Vielzahl von Alkaloiden. Aufgrund ihrer bedeutenden medizinischen Wirkungen standen diese Substanzen seit 1819 besonders im Fokus der Wissenschaft. Zu den isolierten Alkaloiden gehörten Verbindungen wie Coffein, Kokain, Morphin und Nicotin, ebenso wie Chinin, Codein und Narcotin. Merck stellte eine Bibliothek an 16 hochreinen Alkaloiden und Alkaloidsalzen her und begann diese im größeren Maßstab zu produzieren und Chemikern oder Apothekern national und international zum Verkauf anzubieten. Bis 1827 war das Unternehmen so erfolgreich, dass es einen eigenen Schiffsverkehr für Exportprodukte nach Russland, Nord- und Südamerika eingerichtet hatte.
Die Produktion entwickelte sich rasant und 1840 bot das ‚Chemische Laboratorium von E. Merck in Darmstadt“ rund 50 Produkte an. Durch den hervorragenden Ruf stieg die Nachfrage und so musste die Produktion an einen größeren Standort am Stadtrand verlegt werden. Um innovativ zu bleiben, optimierte Emanuel Merck die Prozesse durch den Einsatz von Maschinen angetrieben durch eine Dampfmaschine (ab 1843) und Arbeitsteilung. Emanuel Merck brachte kontinuierlich neue Produkte auf den Markt, entwickelte hocheffiziente Produktions- und Qualitätskontrollverfahren und eröffnete neue Märkte, auch im internationalen Kontext.

Um die Zukunft seines Unternehmens zu gewährleisten, gründete er im Jahr 1850 gemeinsam mit seinen drei Söhnen die Geschäftssozietät E. Merck. Carl war Kaufmann, Georg war Apotheker und Wilhelm war Chemiker. In dieser Konstellation konnten die Söhne das Unternehmen kompetent und innovativ in die Zukunft führen.
Heute beschäftigt die Merck KGaA 64.000 Mitarbeitende und die Familie Merck hält über die E. Merck Kommanditgesellschaft noch 70% der Unternehmensanteile an der Merck KGaA.
Übrigens gibt es auch die Engel Apotheke noch heute, am gleichen Platz – dem Luisenplatz in Darmstadt - und gehört auch immer noch der Familie Merck.