Geschichte der Insulinherstellung
Die Entwicklung der Insulinherstellung stellt einen Paradefall für die Fortschritte in der Biotechnologie dar. Von der Extraktion aus tierischem Gewebe bis zur heutigen biotechnologischen Produktion rekombinanten Insulins hat sich die Herstellung stetig verbessert, was Millionen Diabetikern zugutekommt. Die Fortschritte führten zu höherer Verfügbarkeit, Reinheit und Vielfalt der Insulinpräparate. Schnell und lang wirkende Insulinanaloga ermöglichen Patienten mehr Flexibilität im Alltag. Die biotechnologische Herstellung erhöhte zudem die Sicherheit durch Reduzierung von Verunreinigungs- und Unverträglichkeitsrisiken im Vergleich zu Insulin tierischen Ursprungs. Betrachten wir nun die Meilensteine der Insulinentwicklung und -herstellung.

Die Kanadier Frederick Banting und Charles Best isolierten 1921 in John Macleods Labor an der Universität in Toronto Insulin aus Hunde-Bauchspeicheldrüsen. Im weiteren Verlauf gewannen sie das Insulin aus Rindern. James Collip verbesserte die Aufreinigung. 1922 wurde erstmals ein Diabetiker erfolgreich mit gereinigtem Insulin aus Rindern behandelt, was die vormals tödliche Krankheit behandelbar machte. 1923 erhielten Banting und Macleod den Medizin-Nobelpreis für diese Entdeckung.
1923 erhielt Eli Lilly die US-Exklusivlizenz von der Universität Toronto und begann die Massenproduktion von "Iletin", einem aus Rinder- und Schweinebauchspeicheldrüsen gewonnenen Insulinpräparat. Bis Ende 1923 hatte Lilly fast 60 Millionen Einheiten Insulin verkauft.
In Europa startete die Insulinproduktion ebenfalls 1923. Die Farbwerke Hoechst (heute Sanofi) produzierte und vertrieb das "Insulin Hoechst" extrahiert aus Kälber- und Rinder- Bauchspeicheldrüsen in Deutschland und Nordisk (heute Novo Nordisk) produzierte und vertrieb Insulin in Dänemark.
1978 gelang es Walter Gilbert von der Harvard University, ein aus Ratten isoliertes Insulin-Gen in Bakterien der Art Escherichia coli einzubauen. Dies war ein entscheidender Schritt in Richtung gentechnisch hergestelltes Insulin. (1980 erhielt er den Nobelpreis für die Entwicklung einer Methode zur D-Sequenzierung).
1980 bestimmte Graeme Bell im Rutter-Goodman-Team an der University of California, San Francisco die Sequenz des menschlichen Insulin-Gens. Darüber hinaus war er maßgeblich an der Entdeckung mehrerer Gene beteiligt, die für monogene Formen des Diabetes verantwortlich sind.
Genentech, ein Pharmaunternehmen aus Kalifornien (heute vollständige Tochter von Roche) gelang es 1978, das humane Insulin-Gen zu klonieren und das erste rekombinate Insulin herzustellen. Genentech brachte das Insulin jedoch nicht selbst auf den Markt, sondern ging eine Kooperation mit Eli Lilly ein. 1982 erhielt Eli Lilly die Zulassung und war somit das erste Unternehmen, das rekombinantes Humaninsulin auf den Markt brachte.
1989 brachte auch Novo Nordisk sein rekombinantes Insulin auf den Markt. Novo Nordisk entwickelte ein Verfahren zur Insulinproduktion mit der Bier- oder Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae. Diese Methode hat den Vorteil, dass die Hefen das Proinsulin in die Nährlösung abgeben, was die Extraktion vereinfacht.
Hoechst (heute Teil von Sanofi) erhielt erst 1998 nach einem langwierigen Genehmigungsverfahren die Erlaubnis zur Produktion, da die Gentechnik in Deutschland Gegenstand kontroverser öffentlicher Debatten war. Sanofi verwendet seit 1998 die sogenannte „Ein-Stamm-Methode“, d.h. das gesamte Hormon wird in einem einzigen Bakterienstamm (E. coli) hergestellt, was sehr effizient ist.
Novo Nordisk ist der Weltmarktführer im Insulinbereich und zusammen mit Eli Lilly und Sanofi hält das Unternehmen etwa 80 % des globalen Marktanteils, wobei Novo Nordisk etwa 50 %, Eli Lilly ca. 20 % und Sanofi ungefähr 10% ausmachen. Der globale Markt für Humaninsulin wurde im Jahr 2023 auf 19,19 Milliarden US-Dollar geschätzt.