HOX Life Science

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Was macht eigentlich ein Distributor Manager in der Life-Science-Industrie?

von Dr. Morna Gruber

Die Position des Distributor Managers im Life-Science-Bereich ist etwas für Tausendsassa. Wer es liebt, naturwissenschaftliche Expertise, analytisches Denken, strategisches Handeln und gute Kommunikationsfähigkeit sowie Offenheit für Menschen und Kulturen zu kombinieren und darüber hinaus ein bisschen „Performance-Pressure“ als Kick empfindet, den macht dieser Job so richtig glücklich.
In den wissenschaftlichen Studien im Rahmen meiner Promotion an der Universität Mainz untersuchte ich mit elektrophysiologischen Methoden die visuelle Informationsverarbeitung der Stimuli Farbe und Bewegung im Tectum opticum des Goldfisches. Im Anschluss an meine Promotion beschäftigte ich mich als Postdoc an der Universität Frankfurt mit der Erforschung von Fragen zur neuronalen Plastizität und Neurodegeneration im Kontext von Morbus Alzheimer. Mein erster Job in der Industrie war Wissenschaftlerin in der in-vivo-Abteilung eines Auftragsforschungsunternehmens. Dort habe ich z.B. Implantationsstudien an Göttinger Minipigs im Kundenauftrag durchgeführt. Auf der zweiten Station war ich Projektmanagerin bei einem Unternehmen, das im Auftrag von Biotech- und Pharmaunternehmen genetisch veränderte Zelllinien zur Erzeugung therapeutischer Proteine hergestellt hat und mein dritter Job in der Industrie war Distributor Managerin bei einem Unternehmen, das primäre humane Zellen und korrespondieren Spezialmedien hergestellt und weltweit vertrieben hat. Heute bin ich Geschäftsführerin in meinem eigenen Unternehmen mit rund 50 Mitarbeitenden. Ich zähle die Stationen aus meiner bisherigen Laufbahn auf, um einen Punkt herauszuarbeiten: Alle diese Positionen unterschieden sich sehr stark voneinander und ausnahmslos alle Positionen - sei es an der Universität oder in der Industrie - haben mir sowohl inhaltlich als auch operativ riesigen Spaß gemacht. Es gibt aber etwas, das mir persönlich beim Arbeiten in der Industrie noch den Extrakick im Spüren von Selbstwirksamkeit und Freude an der Arbeit beschert. Bei den Jobs in der Industrie reizt mich besonders, dass sie eben nicht nur inhaltlich und fachlich spannend sind, sondern es hat mich immer stimuliert zu sehen, dass ich mit meiner Arbeit einen direkten Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten kann. So richtig „thrilling“ fand ich neben meiner jetzigen Rolle als Unternehmerin die Position des Distributor Managers: Da die Position sowohl im strategischen als auch operativen Vertrieb angesiedelt ist, ist man ganz nah dran an allen betriebswirtschaftlichen Zahlen und Themen und man sieht sofort anhand von Umsatz und Position am Markt, welchen Einfluss das eigene Tun auf den Unternehmenserfolg hat. Man kann tatsächlich „ausrechnen“, welchen monetären Mehrwert die eigene Arbeit dem Unternehmen bringt - es ist ein cooles Gefühl, den eigenen Erfolg so klar messen zu können. Andererseits wäre ein im Vertrieb angesiedelter Job ohne Bezug zur Naturwissenschaft nichts für mich gewesen. Es ging mir nämlich immer auch darum, meine naturwissenschaftliche Expertise einzubringen, um die Kunden aus Pharmaindustrie und Universität bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu unterstützen und somit zum wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt und zu Weiterentwicklungen in den Bereichen Diagnostik, Medikamenten- und Therapieentwicklung beizutragen. Wenn man als Distributor Manager arbeitet, kann man alles haben: die Kombination von Betriebswirtschaft und Naturwissenschaft - das Unternehmen voranbringen und gleichzeitig die Wissenschaft unterstützen. Man sieht sehr unmittelbar, den Impact, den man hat. Ein zusätzlicher Reiz ist, dass sich das Distributoren Management sehr oft im internationalen Raum abspielt und man dadurch Kontakte in alle Welt aufbaut und so auch nochmal Zusammenhänge im viel größeren Kontext kennenlernt. Aber nun nochmal systematisch:
Distributoren Management
Was ist Distributoren Management überhaupt?
Wir müssen hier nun gleich mit einem Hinweis starten: Distributionsmanagement, Distributoren Management und Distributionslogistik gehören zwar demselben Bereich an, sind aber nicht das Gleiche. Unter Distribution versteht man in der Betriebswirtschaftslehre die systematische Verteilung von Gütern oder Dienstleistungen vom Hersteller zum Endkunden. Distributionsmanagement umfasst demnach alle Prozesse und Maßnahmen in den Bereichen Marketing und Sales, die notwendig sind, damit der Kunde Kenntnis vom Unternehmen und seinem Produktangebot hat, ein Verkaufsakt zu Stande kommt und das Produkt schließlich auch den Kunden erreicht. Die Distributionslogistik ist dann in dieser Reihe ein Unterprozess, in dem es tatsächlich um die physische Verteilung also die Lagerung und den Transport und die Zustellung des Produkts beim Kunden geht. Um das Unternehmen und das Produktportfolio in den verschiedenen Zielmärkten und bei unterschiedlichen Kundensegmenten bekannt zu machen und die Distribution bzw. den Absatz erfolgreich zu gewährleisten, werden verschiedene Absatzkanäle – sogenannte „Channel“- genutzt. Die beiden Hauptkategorien sind hier: Direkter Vertrieb und indirekter Vertrieb, mit jeweils verschiedenen Unterkategorien. Beim direkten Vertrieb verkauft das Unternehmen, dass die Produkte herstellt, mit einem eigenen Vertriebsteam in direkter Interaktion seine Produkte an die Kunden. „Direkt“ bedeutet nicht zwangsweise, dass alle Verkaufsakte über den Außendienst in face-to-face-Situationen zu Stande kommen. Zu den Werkzeugen des Direktvertriebs gehören u.a. auch Online-Shops auf der eigenen Webpage oder eigene Verkaufsfilialen. Verkaufsfilialen sind in der Life-Science-Branche aber eher selten – ehrlich gesagt kenne ich keine. Für den indirekten Vertrieb nutzt das Unternehmen andere, rechtlich selbstständige Unternehmen oder Handelsvertreter für den Vertrieb seiner Produkte. Handelt es sich um ein Unternehmen, das als Zwischenhändler fungiert, spricht man auch von Distributor. Es gibt verschiedene Vertragsformen: In der Nahrungsmittel- und Kleidungsbranche ist es meist so, dass die Groß -und Einzelhändler das Eigentum an den Produkten erwerben (sie kaufen es also auf eigene Kosten ein) mit dem Ziel, die Produkte zu einem höheren Preis wieder zu verkaufen. Händler können aber auch als Kommissionäre arbeiten: Sie übernehmen das Produkt für eine bestimmte Zeit, um den Verkauf zu organisieren, können aber nach Ablauf einer bestimmten Frist die nicht verkaufte Ware an den Hersteller zurückgeben. Handelsvertreter und Makler dagegen erwerben keinerlei Eigentum. Sie vermitteln lediglich im Auftrag des Herstellers den Verkauf des Produkts an den Kunden und erhalten eine Provision. Im Life Sciences Bereich werden alle Vertragsformen genutzt, häufig wird aber auf Kommissionsbasis oder nach dem Prinzip „order-on-demand“ gearbeitet. Ein Distributor Manager managt diese Zwischenhändler, was man dann Distributoren Management nennt.
Wie kann der Job des Distributor Managers in der Life Science Branche aussehen?
Damit wir uns hier nicht in Lehrbuchdefinitionen verlieren, wenden wir uns nun einem konkreten Beispiel aus der Life-Science-Branche zu. Wir stellen uns vor, dass wir auf Stellensuche sind und folgende Stellenanzeige im Laborjournal lesen: „Wir sind SellaCell ein Anbieter und Produzent von humanen mesenchymalen Stammzellen und den dazugehörigen Differenzierungsmedien. Wir bedienen unsere Kunden aus Pharma, Biotech und öffentlichen Forschungseinrichtungen weltweit mit unseren Qualitäts-Produkten. In Deutschland haben wir eine Marktanteil von 35% und treten über unser eigenes Vertriebssteam mit unseren Kunden in Kontakt. In allen anderen Ländern arbeiten wir sehr eng mit unseren Distributionspartnern zusammen. Im japanischen Markt sind wir noch nicht vertreten. Wir suchen einen Distributor Manager, der für uns den japanischen Markt über einen Distributor erschließt. Ihre Aufgaben werden sein:
  • Analyse des japanischen Marktes
  • Evaluierung potenzieller Distributionspartner und anschießendes Onboarding eines Distributors in Japan
  • Strategisches Management des Distributors inklusive Sicherstellung der Umsatzziele
  • Produkt- und Anwendungsschulungen beim Distributor und Kunden vor Ort
  • Erstellung von Vorträgen und Produktinformationsmaterial für den Distributor und die japanischen Kunden
  • Unterstützung des Distributors bei der Reklamationsbearbeitung und im Techsupport
Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!“ In unserem Gedankenspiel haben wir Glück, denn wir wurden eingestellt und machen uns natürlich sofort an die Arbeit. Als Grundlage für alle weiteren Aufgaben und Prozessen benötigen wir zunächst eine Marktanalyse des japanischen Marktes für humane mesenchymale Stammzellen. Je nach Datenlage entscheiden wir, ob ein Markteintritt überhaupt Sinn macht. Wenn wir feststellen, dass der Markt genügend Potential für unsere Produkte bietet, entwickeln wir auf Grundlage der erhobenen Daten aus der Marktanalyse eine Marketing- und Vertriebsstrategie, die wir zusammen mit dem Distributor weiterentwickeln und umsetzen können. Zu Marktanalyse gehören mindestens die Analyse der folgenden Parameter: Zielmarkt (der Zielregion), Marktvolumen & Marktwachstum, Wettbewerber und Kunden.
Marktanalyse
Da es sich bei mesenchymalen Stammzellen um ein extremes Nischenprodukt handelt, ist das Ergebnis der Zielmarktanalyse in der Zielregion schon vor der eigentliche Recherche recht klar umrissen – zumindest für uns als Naturwissenschaftler ist klar, welche Zielgruppen MSCs verwenden. Die Zielgruppe für mesenchymale Stammzellen auf dem japanischen Markt sind die forschende Pharma- und Biotechindustrie und Universitätsinstitute mit Schwerpunkt in biologischer und pharmazeutischer Forschung. Wir müssen nun noch herausfinden, ob es auch außeruniversitäre staatlich geförderte Institute - analog zu unseren MPIs, KITs und Fraunhofer Instituten - gibt und ob darüber hinaus vielleicht die Kosmetik- oder Medizintechnikindustrie auch an mesenchymalen Stammzellen forscht. Wir gehen dann auch gleich schon in eine etwas genauere Kundenanalyse über und erstellen eine Liste mit der Anzahl der universitären Bio-und-Pharmazie-Institute und mit der Anzahl der forschenden Pharma- und Biotech-, Medizintechnik und Kosmetikunternehmen, sofern diese mit MSCs arbeiten. Auch Daten (z.B. Investitionsvolumen in die Forschung) zu den größeren potenziellen Kunden notieren wir uns gleich in eine Datenbank, dann haben wir eine größere Datenbasis zur Ermittlung der Marktgröße und des Marktwachstums. Außerdem haben wir dadurch auch auch schon eine Adressliste mit potenziellen Kunden (sogenannte Leads) erstellt, die wir dem Distributor übergeben könnten, damit dieser diese potentiellen Kunden kontaktiert. Als nächstes machen wir uns an die Bestimmung des Marktvolumens und des Marktwachstums. Für die Entwicklung einer Sales- und Marketingstrategie ist es relevant das Marktvolumen (salopp gesagt ist das der mögliche Umsatz, den ich generieren könnte, wenn alle MSC-Kunden am Markt bei mir kaufen würden) und das Marktwachstum zu bestimmen. Es handelt sich bei der Bestimmung der Marktgröße meistens um eine Schätzung. Damit diese so genau wie möglich wird, sollte diese immer mehrere Parameter zu Rate ziehen. Im vorliegenden Beispiel könnte man folgende Parameter wählen: (i) das Bruttoinlandsprodukt Japans zur Abschätzung der generellen Kaufkraft im Land, (ii) Ausgaben des japanischen Staates für Bildung und Forschung (angegeben als % vom Bruttoinlandsprodukt) (iii) Anzahl der Veröffentlichung zum Thema mesenchymale Stammzellen aus japanischen Forschungsinstituten und (iv) Auswertung der Geschäftsberichte von japanischen Pharma- und Biotechunternehmen bzgl. der Investitionssummen in MSC-Forschung und Entwicklung. Dabei könnten zum Beispiel alle Daten darauf hindeuten, dass das Marktvolumen für mesenchymale Stammzellen in Japan bei 6 Millionen Euro liegt - dies ist dann unsere Bezugsgröße für alle weiteren Berechnungen. Um das Marktwachstum zu bestimmen, betrachten wir rückwirkend die Entwicklung der analysierten Parameter in den letzten fünf Jahren und extrapolieren diese in die Zukunft. In unserem Fall deutet unsere Analysen darauf hin, dass der Markt für MSCs jährlich um 30% wächst. Wir befinden uns also in einem Markt mit einer ordentlichen Größe für ein Nischenprodukt wie unsere MSCs und einer guten Wachstumsrate, so dass wir hier gute Chancen auf Umsatz für uns sehen, denn es ist einfacher sich in einem wachsenden Markt zu etablieren, in dem stetig neue MSC-Anwender hinzukommen, die ich von meinen Produkten überzeugen kann, als wenn ich mich in einem stagnierenden Markt bewege, in dem meine einzige Chance auf Umsatz ist, anderen Konkurrenten die Kunden abzuwerben. Auch in einem wachsenden Markt muss ich eine Wettbewerbsanalyse vornehmen, da ich mich bestmöglich von der Konkurrenz absetzen muss, um beim Kunden zu überzeugen, dafür muss ich die Konkurrenz aber auch kennen. Wir recherchieren, welche anderen Unternehmen im japanischen Markt mesenchymale Stammzellen vertreiben und wir evaluieren, wo deren Stärke und Schwächen bzgl. Produktqualität, Kundenservice Liefertreue und Logistik von temperatursensitiven Zellprodukten liegen. Wir versuchen auch den jeweiligen Marktanteil der Konkurrenten zu bestimmen, denn gegen Konkurrenten mit sehr großem Marktanteil und hohem Bekanntheitsgrad bei den Kunden muss man eine andere Marketing-Strategie einsetzen als gegen Konkurrenten mit kleinem Marktanteil. Darüber hinaus führen wir ein sogenanntes Price-Benchmarking durch, d.h. wir evaluieren, mit welcher Preisstrategie diese Unternehmen am Markt ihre Produkte verkaufen. Da unsere Auswertung von Daten aus Webpage und Produktkatalog der Unternehmen, Kundenfeedback in Kombination mit Produkttestungen der Konkurrenten in unserem einen Labor zeigen, dass unsere MSCs vor allem in Verbindung mit unseren Medien deutlich stabiler differenzieren als die Zellen der Konkurrenz, planen wir eine Hochpreisstrategie für den japanischen Markt.
SWOT-Analyse
Die im Rahmen der Marktanalyse erworbenen Daten führen wir in einer SWOT-Analyse zusammen. SWOT steht dabei für Strenghts, Weaknesses, Opportunities und Threats. Wir evaluieren hier die Stärken und Schwächen der eigenen Produkte und Prozesse stellen diese in Zusammenhang mit vorliegenden Chancen und Risiken am japanischen Markt. Die SWOT-Analyse ist notwendig, um Chancen am Markt perfekt nutzen zu können und um auf mögliche auftretende Risiken rechtzeitig und sinnvoll reagieren zu können und somit Nachteile, die durch diese Risiken entstehen könnten, abzuwenden oder abzufedern. Unsere größte Stärke ist die hohe Differenzierungsrate und die hohe Stabilität der Differenzierung unserer Zellen in Verbindung mit unseren Medien. Unsere größte Schwäche ist, dass wir in Japan vollständig unbekannt sind und wir noch keine Kontakte in Japan haben. Die größte Chance liegt in der hohen Wachstumsrate für MSCs am japanischen Markt und die größte Bedrohung ist, dass der japanischen Markt nicht offen für Zellhersteller aus Deutschland sein könnte und dass in der Logistik Probleme eintreten, die die Qualität unsere temperatursensitiven Produkte gefährden. Die Ergebnisse dieser SWOT-Analyse verwendet man auch für die Formulierung von Verkaufsargumenten beim Kunden für die eignen Produkte im Vergleich zu den Produkten der Konkurrenten. Auch können die Ergebnisse an R&D und Management zurückgespielt werden, um Produktverbesserungen oder Prozessoptimierungen anzustoßen. Auf Grundlage der Ergebnisse der Markt- und SWOT-Analyse leiten wir unsere Marketing- und Vertriebsziele für den japanischen Markt ab: Wir möchten den japanischen Markt mit Hilfe eines Distributors erschließen. Im ersten Jahr geht es um die Schaffung einer generellen Brand Awareness und um die Generierung erster Umsätze in Höhe von 1-2 % des Marktanteils – also in Höhe von 60.000-120.000 €. Im Laufe der nächsten 5 Jahre möchten wir eine Steigerung des Marktanteils auf 15% und somit mindestens einen Umsatz von 900.000 € (eher mehr, da der Markt wächst) erreichen.
Wie findet man einen Distributionspartner in Japan?
Da wir keinen direkten Zugang zum japanischen Markt haben, möchten wir nun einen Distributionspartner in Japan finden. Bevor wir in die Evaluation von potentiellen Partnern gehen, müssen wir uns klar machen, nach welchen Kriterien wir unseren Partner aussuchen möchten. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass eine Partnerschaft keine Einbahnstraße ist, auch der Distributor muss uns als Lieferanten und Partner bewerten, der ihm einen Mehrwert für sein Business liefert. Wir müssen uns also auch selbst gut präsentieren. Wir legen als wichtigste Kriterien fest, dass der Distributor schon Erfahrung im Zellkulturmarkt haben soll, dass er aber keine MSCs im Portfolio haben soll, um eine direkte Konkurrenzsituation beim Distributor selbst zu vermeiden. Da die Logistik ein sehr sensitives Thema ist, sollte er schon Erfahrung im Import von temperatursensitiven Life-Science-Produkten aus Europa nach Japan haben. Des Weiteren sollte er selbst eine gute Bekanntheit in Japan und Zugang zu den für uns relevanten Zielkunden haben. Da uns Kundenbetreuung und Tech-Support sehr wichtig sind, sollte er hier auch seine Priorität haben. Schließlich wünschen wir uns eine Partnerschaft auf Augenhöhe, in der man vertrauensvoll und transparent zusammenarbeitet. Im Rahmen einer Internetrecherche und von Messebesuchen detektieren wir potentielle Distributionspartner und mit Hilfe der vorher bestimmten Parameter und einer Entscheidungsmatrix beschließen wir, drei Distributoren zu kontaktieren. In unserer Kontaktaufnahmemail stellen wir uns und unsere Produkte vor und unter Verweis auf unsere Marktanalysedaten beschreiben wir, welche gemeinsamen Opportunitäten wir sehen. Wir betonen aber auch, dass unsere Kenntnisse vom japanischen Markt nur rein auf Recherche-Arbeiten beruhen und wir auf der Suche nach einem Partner sind, der den japanischen Markt aus erster Hand gut kennt und somit ein starker Partner im Vertrieb für uns sein kann. Im Verlauf des Mail- und Videocall-Kontaktes stellt sich heraus, dass zwei der Distributoren gut zu uns zu passen scheinen. Wir organisieren eine Reise nach Japan, um beide potentiellen Partner und die Gegebenheiten vor Ort besser kennenzulernen. Dabei auditieren wir auch die Lagerhaltung im temperatursensitiven Bereich und besprechen vertragliche Rahmenbedingung. Nach unserer Rückkehr bestimmen wir einen Favoriten für unsere Zusammenarbeit und wir haben Glück unsere Favorit möchte auch gerne mit uns zusammenarbeiten. Gemeinsam gehen wir in die Finalisierung des Vertrages und vereinbaren u.a. eine Marge von 30% vom Verkaufspreis für den Distributor, auch legen wir fest, dass wir den Distributor bei der Reklamationsbearbeitung und im Tech-Support remote unterstützen werden, damit dieser sich auf den Verkauf konzentrieren kann. Gemeinsam gehen wir in die Re-Evaluierung der Marktanalyse, um unsere Daten mit dem umfangreichen Marktwissen des Distributors zu ergänzen und so ein noch realistischeres Bild der Marktlage zu erhalten. Auf Grundlage dieser Ergebnisse verfeinern wir die Marketing- und Vertriebsziele und bekennen uns gegenseitig dazu, die Ziele gemeinsam erreichen zu wollen. Ein konkreter Maßnahmenplan, der auch einen Promotion-Plan für die nächsten 12 Monate enthält, runden den gemeinsamen Marketing- und Vertriebsplan ab. Der Distributor verpflichtet sich, immer bis zum 5. Arbeitstag eines Monates die Ergebnisse des Vormonats an uns zu übermitteln. Wir stellen quartalsweise einen ausführlichen Bericht zusammen. Diese Reports besprechen wir in Video-Calls, in denen wir gemeinsam evaluieren, ob die vereinbarten Maßnahmen erfolgreich zum gewünschten Erfolg führen. Sollten die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückbleiben, passen wir die getroffenen Maßnahmen an, um den gemeinsamen Erfolg sicherzustellen.
Take Home Message
  • Die Position des Distributor Managers in einem Unternehmen der Life-Science-Branche ist perfekt für Naturwissenschaftler*innen geeignet, da man als Naturwissenschaftler+in sowohl die Produkte als auch die Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen versteht. Des Weiteren sind unsere naturwissenschaftlich trainierten Gehirn bestens für die Datenerhebungen, Auswertungen und Maßnahmenableitung im Rahmen der Marktanalyse, der Strategieentwicklung, des operativen Managements der Distributoren und des Maßnahmencontrollings geeignet.
  • In unserem Artikel „Einstiegsjobs mit Potential“ hatten wir eine breite Palette von Einstiegspositionen vorgestellt, die im Vertrieb und der Kundenbetreuung angesiedelt waren und Absolventen und Absolventinnen dadurch sehr schnell einen guten Einblick in betriebswirtschaftliche Zusammenhänge und Abläufe geben. Von dort aus kann man sich u.a. in Richtung von Positionen im strategischen Vertriebsmanagement – wie zum Beispiel dem Distributoren Management weiterentwickeln. Die Position des Distributor Managers kann wiederum eine Position sein, auf der man langfristig bleibt, da sie durch das gute Mischungsverhältnis aus operativen und strategischen Aufgaben viel Gestaltungsspielraum bietet. Sie kann aber auch als weitere Zwischenstation auf dem Weg in höhere Managementpositionen gesehen werden. Die Gehaltsspanne ist sehr weit - je nach Größe und Produktportfolio des Unternehmens, Anzahl der zu betreuenden Distributoren und Stand der eigenen Berufserfahrung liegt das Gehalt zwischen 60.000- 120.000 € p.a. plus 10-20% Bonus.
  • Wer bemerkt hat, dass das für das Distributoren Management strategische Vorgehen sehr ähnlich ist zum Vorgehen, das bei der Aufgabenbeschreibung des Produktmanagers vorgestellt wurde, hat Recht. Eine Marktanalyse ist auch im Bereich des Produktmanagements essenziell – genau genommen ist sie die absolute Grundlage für eigentlich alle strategischen Unternehmensentscheidungen. Wenn man also das Vorgehen bei einer Marktanalyse und vor allem auch die Rationale dahinter verstanden hat, hat man sich schon ein sehr solides Fundament an betriebswirtschaftlicher Denkweise aufgebaut.