HOX Life Science

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Medical Affairs in der Pharmaindustrie – Verantwortlichkeiten, Schnittstellen und die prominente Rolle des Medical Science Liaison Managers

von Dr. Morna Gruber und Dr. Marta Lee

Viele Absolventinnen und Absolventen von naturwissenschaftlichen oder medizinischen Studiengängen streben eine Karriere im Bereich der Wissenschaftskommunikation an. Ein spannendes Betätigungsfeld dafür bietet die Abteilung Medical Affairs in der Pharmaindustrie. Hier steht der medizinisch-wissenschaftliche Dialog mit anderen Abteilungen und externen Partnern des Unternehmens im Mittelpunkt. Eine der zentralen Rollen im Bereich Medical Affairs ist die des Medical Science Liaison Managers. Da diese Position vielen Absolventinnen und Absolventen als Einstieg in die Pharmabranche besonders reizvoll erscheint, beleuchten wir in diesem Artikel sowohl die Verantwortlichkeiten von Medical Affairs im Allgemeinen als auch den Aufgabenbereich des Medical Science Liaison Managers im Detail.
Hinweis
Medical Affairs hat vielfältige Aufgaben und agiert mit einer Vielzahl an internen und externen Stakeholdern. Zudem sind die Zuständigkeiten nicht in allen Pharmaunternehmen gleich verteilt. Um der Komplexität des Themas Medical Affairs nachvollziehbar abzubilden, haben wir uns entschieden, den Artikel in Form eines fiktiven Interviews zu verfassen. Über das Wechselspiel von gezielten Fragen und präzisen Antworten lassen sich die verschiedenen Aspekte von Medical Affairs trotz hoher Komplexität verständlich darstellen.
Verantwortlichkeiten und Schnittstellen in Medical Affairs
Morna: Wenn man sich mit Medical Affairs beschäftigt, fällt als erstes auf, dass es keine einheitliche Beschreibung für die Aufgaben und Zuständigkeiten der Medical-Affairs-Abteilung zu geben scheint. Beim Lesen von Stellenausschreibungen wirkt es zudem so, als ob auch verschiedene Pharmaunternehmen unterschiedliche Definitionen für Medical Affairs und die Positionen innerhalb der Abteilung haben. Hast du eine einheitliche Definition für Medical Affairs? Marta: Es gibt in der Tat keine einheitliche Definition für Medical Affairs in der Pharmaindustrie. Grundsätzlich stellt Medical Affairs die medizinisch-wissenschaftliche Kompetenz im Unternehmen dar und ist verantwortlich für die medizinisch-wissenschaftliche Kommunikation sowohl intern im eigenen Unternehmen als auch nach extern mit Experten und Expertinnen wie Ärzten/Ärztinnen, Wissenschaftler*innen oder Patientenorganisationen. Morna: Wofür ist Medical Affairs genau zuständig? Marta: Typische Aufgaben von Medical Affairs in vielen Pharmaunternehmen sind:
  • Planung und Koordination von klinischen Studienprogrammen
  • Kommunikation von Studienergebnissen und Bereitstellung medizinisch-wissenschaftlicher Informationen an interne Abteilungen und an externe Fachkreise
  • Beratung interner Abteilungen zu medizinischen und wissenschaftlichen Fragen
  • Beantwortung medizinischer Anfragen von Ärzten oder Apothekern
  • Organisation von medizinischen Fortbildungen und Veranstaltungen sowohl für interne als auch externe Zwecke
  • Koordination der Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften und Patientenorganisationen
  • Unterstützung bei Fragen der Arzneimittelsicherheit und Pharmakovigilanz
Auch wenn die exakte Rolle und die Organisation der Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen von Medical Affairs in jedem Unternehmen etwas variieren kann, kann man als einheitliche Basis folgendes festhalten: Die Kernaufgabe von Medical Affairs ist die Vermittlung zwischen der wissenschaftlichen und der kommerziellen Seite des Pharmaunternehmens durch Bereitstellung der korrekten medizinisch-wissenschaftlichen Fakten und der Sicherstellung der Einhaltung medizinisch-wissenschaftlicher Standards und rechtlicher Rahmenbedingungen. Medical Affairs trägt damit auch dazu bei, die Integrität und Reputation des Unternehmens in Bezug auf den wissenschaftlichen Ansatz und die Patientensicherheit zu wahren.
Morna: Diese erste Annäherung zeigt schon die Komplexität und wirft viele Fragen nach Details bei mir auf. Bevor ich Dich genauer zu den internen und externen Stakeholdern befrage, muss ich Dir eine Verständnisfrage zu dem Punkt: „Planung und Koordination von klinischen Studienprogrammen“ stellen. Die Durchführung von Klinischen Studien obliegt doch in den meisten Unternehmen der Abteilung „Klinische Forschung“ – im internationalen Kontext unter Clincial Research oder Clinical Operations bekannt - oft wird die Durchführung von Klinischen Studien ja sogar auch an externe Dienstleistungsunternehmen ausgelagert. Könntest Du explizieren, inwieweit Medical Affairs in den Bereich Klinische Studien involviert ist? Marta: Du hast in dem Punkt recht, dass die konkrete Planung und die operative Durchführung von individuellen klinischen Studien in der Regel nicht direkt in der Verantwortung von Medical Affairs liegt, sondern diese werden von spezialisierten Abteilungen wie Clinical Operations oder Clinical Research durchgeführt. Oft wird die operative Durchführung der klinischen Studien auch an spezialisierte Unternehmen - den sogenannten Contract Research Organisations oder abgekürzt CROs - ausgelagert. Medical Affairs ist für die Klinische Forschung insofern zuständig, als dass Medical Affairs auf strategischer Ebene Studienprogramme plant und koordiniert. Bei Phase IV Studien und Anwendungsbeobachtungen nach der Zulassung spielt Medical Affairs oft eine wichtige Rolle bei der Initiierung und beim wissenschaftlichen Input. Die Durchführung und das studienbezogene Projektmanagement liegen aber auch hier eher bei Clinical Research / Operations.
Morna: Könntest Du noch genauer erklären, was genau mit „Planung und Koordination strategischer Studienprogramme“ gemeint ist? Marta: Mit der Planung und Koordination strategischer Studienprogramme sind folgende Aufgaben von Medical Affairs gemeint:
  • Identifizieren relevanter klinischer Fragestellungen, die durch weitere Forschung beantwortet werden sollten.
  • Festlegen der übergeordneten langfristigen Ziele und Schwerpunkte für die klinische Forschung des Unternehmens und Entwickeln eines langfristigen Plans, welche klinischen Studien in den nächsten Jahren initiiert werden sollen. Dazu bedarf es auch Absprachen mit F&E, Produktmanagement, Finanzabteilung und Geschäftsführung.
  • Priorisieren von Forschungsvorhaben und Erstellen eines Studienportfolios
Medical Affairs definiert also die übergeordnete Forschungsstrategie für das Unternehmen.
Morna: Du hast erwähnt, dass Medical Affairs eine Schnittstelle zu vielen verschiedenen internen und externen Partnern darstellt. In Deiner letzten Antwort hast Du schon F&E, Produktmanagement, Finanzabteilung und Geschäftsführung erwähnt. Könntest Du etwas genauer erklären, in welcher Hinsicht Medical Affairs mit welchen internen Abteilungen zusammenarbeitet? Marta: Medical Affairs steht im engen Austausch mit verschiedenen internen Abteilungen im Pharmaunternehmen. Dazu gehören:
  • Forschung & Entwicklung: Medical Affairs unterstützt F&E mit medizinischem Input für neue Wirkstoffe und Technologien. Es gibt Feedback zu medizinischem Bedarf.
  • Klinische Studien: Planung und Koordination strategischer Studienprogramme.
  • Marketing & Produktmanagement: Medical Affairs arbeitet zusammen mit dem Produktmanagement (strategisches Marketing) an der medizinisch-wissenschaftlichen Strategie des Unternehmens. Darüber hinaus unterstützt Medical Affairs das operative Marketing durch Breitstellung der wissenschaftliche Inhalte für Marketingmaterialien und hilft bei der Erstellung von Schulungsmaterialien. Für den Bereich Marktforschung kann Medical Affairs Informationen über Innovationen und Meinungen aus der medizinischen Fachwelt als Input liefern.
  • Vertrieb: Medical Affairs schult den Außendienst zu medizinischen Hintergründen der Krankheiten, Therapien und Medikamente und beantwortet medizinische Anfragen von Ärzten und Apothekern.
  • Regulatory Affairs: Medical Affairs unterstützt bei Nebenwirkungsmeldungen und Sicherheitsfragen die Abteilungen Pharmakovigilanz und Regulatory Affairs durch medizinisch-wissenschaftliches Wissen bei der Bewertung der Meldungen.
  • Pharmakovigilanz: Medical Affairs unterstützt die Arzneimittelsicherheit, z.B. bei der Identifikation neuer Risiken.
  • Rechtsabteilung: Medical Affairs wird von der Rechtsabteilung beraten, um Compliance in der Kommunikation sicherzustellen.
  • Geschäftsführung und Finanzabteilung: Medical Affairs berichtet über aktuelle Entwicklungen in Medizin und Wissenschaft und unterstützt die Geschäftsführung bei der Festlegung der Ziele bezüglich des Produktportfolio und des Business Development.
Die Zusammenarbeit mit diesen internen Abteilungen ist wichtig, da Medical Affairs über die notwendige medizinische und wissenschaftliche Expertise verfügt, um die verschiedenen Bereiche mit Fachwissen zu unterstützen und zu beraten. So stellt Medical Affairs sicher, dass auch nicht-medizinische Abteilungen immer auf dem neuesten Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Fakten sind.
Medical Affairs interne Partner
Morna: Eigentlich würde ich jetzt gerne direkt schon ein paar Detailfragen zur Zusammenarbeit von Medical Affairs mit internen Abteilungen sprechen, aber ich glaube, wir sollten erst noch bei den Überblicksfragen bleiben. Kannst Du mir die wichtigsten externen Stakeholder nennen und in welcher Weise Medical Affairs zu diesen Schnittstelle darstellt. Marta: Medical Affairs kommuniziert und interagiert mit verschiedenen externen Stakeholdern aus dem medizinischen und wissenschaftlichen Umfeld. Die wichtigsten sind:
  • Ärzte und Apotheker: Medical Affairs steht im engen Austausch mit Ärzten und Apothekern, um Expertenmeinungen einzuholen, über Studienergebnisse zu informieren und Schulungen anzubieten.
  • Wissenschaftliche Fachgesellschaften: Medical Affairs arbeitet mit Fachgesellschaften zusammen, um Kongresse und Fortbildungen zu unterstützen.
  • Kliniken und Forschungseinrichtungen: Als Partner für klinische Studien und Forschungskooperationen.
  • Patientenorganisationen: Medical Affairs steht im Dialog mit Patientenverbänden, um deren Perspektive und Bedürfnisse zu verstehen.
  • Expertengremien: Medical Affairs bringt medizinische Expertise in Beratungsgremien ein, z.B. für Therapieleitlinien
  • Presse/Medien: Medical Affairs stellt Informationen für medizinjournalistische Anfragen bereit.
  • Key Opinion Leader: KOLs aus Medizin und Forschung werden von Medical Affairs identifiziert und eingebunden.
Die Zusammenarbeit mit diesen externen Partnern ist essenziell, um neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu kommunizieren und das medizinische Verständnis für die Medikamente des Unternehmens in der Fachwelt zu erhöhen. Eine enge Vernetzung mit der medizinischen und wissenschaftlichen Gemeinschaft gehört daher zu den Kernaufgaben von Medical Affairs.
Medical Affairs externe Partner
Die vier wichtigsten Positionen in Medical Affairs
Morna: Deine bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass Medical Affairs eine sehr verantwortungsvolle Funktion im Pharmaunternehmen einnimmt und viele verschiedene Aufgabenfelder abdeckt. Ich würde gerne besser verstehen, wie die Arbeit innerhalb der Abteilung typischerweise aufgeteilt wird und wer für welche Bereiche zuständig ist. Könntest Du eine kurze Beschreibung der Kernpositionen und ihren Verantwortlichkeiten geben? Marta: Als Kernteam sind in einer Medical-Affairs-Abteilung typischerweise vier Positionen zu finden, die in nahezu jedem Pharmaunternehmen vertreten sind. Lass uns diese vier zentralen Rollen und ihre Aufgaben etwas näher betrachten, um die Struktur und Arbeitsweise von Medical Affairs besser nachvollziehen zu können. Medical Manager: Leitet die Abteilung Medical Affairs und entwickelt Strategien für die medizinisch-wissenschaftliche Kommunikation. Verantwortet Budgets, Prozesse und Personalentwicklung. Für diese Position benötigt man eine medizinisch oder naturwissenschaftliches Studium (am besten mit Promotion), mehrere Jahre Berufserfahrung im Bereich Medical Affairs sowie Führungs- und Managementerfahrung. Medical Advisor: Beantwortet medizinische Anfragen von Ärzten/Ärztinnen und anderen Stakeholdern. Erstellt Schulungsmaterialien und wissenschaftliche Texte. Berät interne Teams aus Außendienst und Marketing. Benötigt Medizin-, Pharmazie- oder Biologiestudium (am besten mit Promotion) und kommunikative Stärke. Medical Science Liaison: Fungiert als wissenschaftlicher Experte und wichtige Kontaktperson für ärztliche Fachkreise. Organisiert Expertentreffen, hält Vorträge auf Kongressen, identifiziert Expertenmeinungen und Forschungsbedarf, gibt Feedback an F&E und Marketing & Vertrieb. Voraussetzung ist ein naturwissenschaftliches oder medizinisches Studium am besten mit Promotion. Medical Writer: Verfasst wissenschaftliche Texte für Publikationen, Kongressbeiträge und für Marketingmaterialien. Recherchiert medizinische Fachliteratur und bereitet sie auf. Arbeitet mit Ärzten und Wissenschaftlern als Co-Autoren zusammen. Voraussetzung ist ein medizinisches oder naturwissenschaftliches Studium gerne mit Promotion und die Fähigkeit komplexe Zusammenhänge analytisch und stringent aufzubereiten. Diese vier Kernpositionen vermitteln ein gutes Verständnis für die Hauptaufgaben und Zuständigkeiten innerhalb einer Medical Affairs Abteilung in der Pharmaindustrie. Als Berufseinsteiger*in sollte man jedoch auch die Augen offen halten für die Vielzahl weiterer Rollen in Medical Affairs, die auf den ersten Blick weniger spektakulär klingen mögen. Es gibt zahlreiche Positionen, die die vier Hauptrollen in unterschiedlicher Weise unterstützen. Diese bieten Industrie-Einsteigern die Chance, sich fachlich und organisatorisch Schritt für Schritt in die Abteilung einzuarbeiten und nach und nach mehr Verantwortung zu übernehmen, bis man bereit ist, eine der vier Kernpositionen vollumfänglich und eigenverantwortlich auszufüllen.
Medical Affairs
Die Zusammenarbeit von Medical Affairs mit Marketing & Vertrieb und welche Rolle der Medical Science Liaison Manager dabei spielt
Morna: Eine wichtige Achse der Zusammenarbeit innerhalb der Pharmaunternehmen ist die Zusammenarbeit zwischen Medical Affairs und Marketing & Vertrieb. Du warst selbst für 4 Jahre als Pharmareferentin im Auftrag für einen großen Pharmakonzern tätig und kennst das Zusammenspiel der beiden Abteilungen aus Erster Hand. Könntest Du etwas über dieses Zusammenspiel aber auch über die Unterschiede der Ziele der beiden Abteilungen erzählen? Marta: Medical Affairs und Marketing & Vertrieb sind zwei Bereiche im Pharmaunternehmen, die eng zusammenarbeiten müssen, um sowohl den medizinischen als auch den betriebswirtschaftlichen Erfolg der Medikamente sicherzustellen. Gleichzeitig haben sie unterschiedliche Rollen. Während Medical Affairs sich auf die wissenschaftliche Evidenz und den medizinischen Nutzen fokussiert, sind Marketing & Vertrieb vorrangig für den wirtschaftlichen Verkaufserfolg zuständig. Beide Abteilungen unterliegen den gesetzlichen Vorgaben des Gesetztes über den Verkehr mit Arzneimitteln (kurz: Arzneimittelgesetz oder AMG) und des Heilmittelwerbegesetztes (kurz: HWG). In §11 des AMG mit dem Titel „Fachinformation“ wird festgelegt, dass die Pharmaunternehmen die Pflicht haben, Fachkreise (z.B. Ärzte und Apotheker) mit fachlichen Informationen über Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen, zu versorgen. Es handelt sich dabei z.B. um klinische Angaben (u.a. Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Nebenwirkungen) sowie pharmakologische und pharmazeutische Angaben. Es besteht also eine gesetzliche Informationspflicht für die Pharmaunternehmen. In diesem Kontext spielt Medical Affairs eine entscheidende Rolle: Denn Medical Affairs stellt die Fachinformation und alle darüberhinausgehenden wissenschaftlich und medizinisch relevanten Daten und Fakten korrekt aufbereitet zur Verfügung. Marketing & Vertrieb greift bei der Entwicklung der Inhalte für Marketing-Kampagnen und der Zusammenstellung der Verkaufsargumente für das Pharmareferenten-Team auf diese von Medical Affairs bereitgestellten Informationen zurück, um die medizinisch-wissenschaftliche Korrektheit der Inhalte der Marketing-Kampagnen und der Verkaufsargumente sicherzustellen.
Morna: Der Medical Science Liaison Manager (kurz: MSL) ist eine wichtige Schnittstelle zwischen Medical Affairs und Marketing & Vertrieb. Könntest du die Aufgaben und Schnittstellenfunktion etwas näher erläutern? Marta: Der MSL ist in der Tat die zentrale Schnittstelle zwischen Medical Affairs und Marketing & Vertrieb. Er gehört zu Medical Affairs, hat aber engen Kontakt zu Marketing & Vertrieb. Seine Kernaufgabe ist es, aktuelle wissenschaftliche Informationen und Studiendaten zu den Medikamenten an externe Zielgruppen wie Ärzte, Wissenschaftler oder Kliniken weiterzugeben. Damit verbessert er das medizinische Verständnis und die Wahrnehmung der Produkte in den Fachkreisen. Gleichzeitig sammelt der MSL Feedback und Fragen von medizinischen Experten und leitet diese an Medical Affairs und Marketing & Vertrieb weiter. Auf diesem Weg unterstützt er beide Bereiche: Medical Affairs kann die Rückmeldungen aus der Praxis nutzen, um die Forschungsstrategie anzupassen. Marketing & Vertrieb kann basierend auf den Informationen die Vermarktung optimieren und so die Pharmareferenten bestmöglich auf die Ansprache der Ärzte vorbereiten. Zudem unterstützt der MSL durch seine wissenschaftliche Expertise und Glaubwürdigkeit den Vertrieb, indem er Schlüsselmeinungsführer (Key Opinion Leader) als Multiplikatoren gewinnt und so das Image neuer Medikamente in den Fachkreisen positiv prägt. Eine enge Abstimmung zwischen MSLs, Produktmanagern und Pharmareferenten ist essenziell: MSLs sollten über Launch-Pläne informiert sein, um ihre Aktivitäten darauf abzustimmen. Umgekehrt sollten Produktmanager das Feedback der MSLs berücksichtigen. Nur wenn alle als Team zum gemeinsamen Ziel hinarbeiten, kann die Markteinführung neuer Medikamente erfolgreich gestaltet werden.
Morna: Viele Pharmazie-Absolventen möchten nach dem Studium nicht in den pharmazeutischen Außendienst, da sie sich nicht als "Verkäufer" sehen. Stattdessen streben sie eine Position als Medical Science Liaison Manager an. Wie ist Deine Einschätzung dazu - handelt es sich beim MSL nicht auch um eine Art "Verkäufer"? Marta: Du hast recht, dass die Tätigkeit eines Medical Science Liaison Managers durchaus „verkäuferische“ Anteile beinhaltet. Die Hauptaufgabe von MSLs besteht darin, Ärzte und medizinisches Fachpersonal über die wissenschaftlichen Grundlagen und den medizinischen Nutzen von Arzneimitteln zu informieren. Allerdings liegt es auch in ihrer Verantwortung, Interesse und Akzeptanz für diese Medikamente bei den Experten zu wecken und gute Beziehungen zu Key Opinion Leadern aufzubauen. Insofern fungieren sie als eine Art "wissenschaftliche Verkäufer", auch wenn sie nicht aktiv an Verkaufszielen gemessen werden. Durch die fachliche Aufklärung unterstützen sie indirekt die Marktdurchdringung. MSLs müssen kommunikativ sehr geschickt vorgehen, um die Experten zu überzeugen und als Multiplikatoren für die eigenen Medikamente zu gewinnen. Ohne diese "verkäuferische" Kompetenz können sie ihre Rolle nicht effektiv ausfüllen. Die Grenze zwischen rein wissenschaftlicher Information und indirekter "Verkaufsförderung" ist bei MSLs durchaus fließend. Auch wenn sie keine direkten Vertriebsziele haben, tragen sie Mitverantwortung für den Markterfolg. MSLs benötigen daher ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit, Experten zu überzeugen. Insofern hat die Rolle durchaus „verkäuferische“ Anteile, wenngleich der Fokus auf der wissenschaftlichen Information liegt. Für Industrieeinsteiger ohne Vertriebserfahrung können die verkäuferischen Aspekte anfangs unterschätzt werden, was zu Enttäuschungen der in die Position gesetzten Erwartungen führen.
Take-Home-Message: Medical Affairs in der Pharmaindustrie vereint die Welt der Medizin, Pharmazie und Forschung mit betriebswirtschaftlichen Aspekten. Naturwissenschaftler und Mediziner finden hier ein spannendes Betätigungsfeld, um ihr Fachwissen einzubringen. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen medizinischer Forschung, Entwicklung, Zulassung und Vermarktung von Arzneimitteln. Die Aufgaben in Medical Affairs erfordern neben der medizinisch-naturwissenschaftlichen Fachexpertise eine strukturierte, sorgfältige Arbeitsweise, analytisches Denken sowie kommunikative Fähigkeiten im Umgang mit verschiedenen Stakeholdern.