Pfizer – oder wie die Partnerschaft zwischen einem Konditor und einem Feinchemiker zum weltweit umsatzstärksten Pharmaunternehmen führte
Laut Forbes war der US-amerikanische Pharmakonzern Pfizer im Jahr 2022 das umsatzstärkste Pharmaunternehmen der Welt.
Bei naturwissenschaftlichen Laien ist Pfizer seit 1998 vorrangig durch die legendäre “blaue Pille für den Mann“ bekannt. Seit dem Corona-Jahr 2020 ist Pfizer erneut sehr präsent im öffentlichen Bewusstsein, da Pfizer im Verbund mit BioNTech - basierend auf deren RNA-Technologie - den ersten in der EU zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 mitentwickelt und vertrieben hat. Weniger bekannt ist allerdings die Gründungsgeschichte des Konzerns und die Tatsache, dass der Gründer des amerikanischen Pfizer-Konzern ein Deutscher war.

Karl Gustav Pfizer wurde im Jahr 1824 als fünftes Kind einer angesehenen Konditor-Familie im baden-württembergischen Ludwigsburg geboren. Sein Cousin Karl Erhart blieb dem Familiengeschäft treu und wurde Konditor, während Karl Pfizer den Beruf des Feinchemikers erlernte.

Gemeinsam wagten die beiden jungen Schwaben 1848 die 6-wöchige Überfahrt nach Amerika. In Brooklyn angekommen, erwarben die Cousins – mit dem im Voraus ausgezahlten Erbe von Pfizers Vater - ein Backsteingebäude, in dem sie Lager- Büro- und Fabrikräume einrichteten. Sie planten, Rohchemikalien an die Lebensmittel- sowie Pharma-Industrie zu verkaufen. Die auf den ersten Blick unpassend wirkende Partnerschaft aus Konditor und Feinchemiker stellte sich schnell als großen Vorteil heraus. Aufgrund der hygienischen Verhältnisse in dieser Zeit war Wurmbefall in der Bevölkerung weit verbreitet. Das bitter schmeckende Wurmmittel Santonin, das Pfizer herstellte, wurde von seinem Cousin mit einer süßen Hülle ummantelt, wodurch der bittere Geschmack überdeckt wurde. Schnell entwickelte sich das nun süß schmeckende Anthelminthikum zum Verkaufsschlager. Diese Erfolgsgeschichte war nur der Anfang.

Das Unternehmen vergrößerte sich stetig. In den Jahren des Amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865) gehörten Borax, Borsäure, Campher, Iod und Iodsalze, Borax, Weinstein, Ether, Chloroform sowie Quecksilberverbindungen zum Produktportfolio. Der Absatz war riesig, da viele dieser Produkte, für die die Versorgung der Soldaten in den Lazaretten dringend benötigt wurden. Durch diese Expansion wurde mehr Platz benötigt und es kam eine zweite Produktionsstätte in Manhattan hinzu. Im selben Zeitraum - genauer gesagt 1863 - wurden Karl Pfizer und Karl Erhart als US-Bürger anerkannt und änderten beide ihre Vornamen von „Karl“ in "Charles". 27 Jahre später im Jahre 1890 ging das Unternehmen unter dem Namen „Charles Pfizer & Co“ an die Börse. Nach dem Tod von Charles Erhart im Jahr 1891 und dem Rückzug von Charles Pfizer im Jahr 1900 übernahmen Pfizers Söhne Charles Junior und Emile die Leitung der Firma.
1923 gelang es „Charles Pfizer und Co.“, durch Entwicklung eines neuen Fermentationsverfahrens, Zitronensäure im großen Industriemaßstab herzustellen. Zitronensäure war eine grundlegende Zutat in der Lebensmittelindustrie, vor allem für die Herstellung von Limonaden. Unternehmen wie Pepsi®, Dr. Pepper® und Coca-Cola® zählten von nun an zum Kundenstamm und Pfizer wurde der größte Produzent für Zitronensäure in Amerika.
Die Umstellung auf Massenherstellung und Einführung der Fermentationstechnik zahlte sich spätestens in den 1930er Jahren aus, als die Massenproduktion von Penicillin begann. Das von Pfizer produzierte Penicillin war 200-mal ergiebiger als die Präparate der Konkurrenz. Auch hier wurde Pfizer schnell zum weltgrößten Hersteller und ging ab 1950 mit Terramycin sogar mit einem selbst entwickelten Breitbandantibiotikum an den Markt. Ab 1955 begann das Unternehmen weltweit Niederlassungen aufzubauen, u.a. in Deutschland (Karlsruhe), England, Brasilien, Belgien, Kanada, England, Kuba und Puerto Rico.
In den Folgejahren wandelte Pfizer seinen strategischen Ansatz und setzte verstärkt auf Forschung und Entwicklung. So wurden viele innovative Arzneimittel auf den Markt gebracht und in Kombination mit strategischen Unternehmenszusammenschlüssen machte dieser Wandel Pfizer im Jahr 2022 weltweit zum umsatzstärksten Arzneimittelhersteller.